Zeilensprung, 1 Kanal Videoinstallation, 2001, 15 min. (Loop)
In den Abend- und Nachstunden wird "Das Große Fenster" des ARD-Hauptstadtstudios in der Berliner Wilhelmstraße zu einem großen Fernsehbildschirm: Dem laufenden Fernsehprogramm wird alle 48 Sekunden ein Bild entnommen und durch eine Rückprojektion auf der großen Glasfläche wieder- gegeben.
Das menschliche Auge nimmt das Fernsehbild, das sich aus zwei Halbbildern zusammensetzt, wegen der hohen Geschwindigkeit der Übertragung als ein Bild wahr. Das erste Halbbild besteht aus den ungeraden Zeilen und das zweite Halbbild aus den geraden. Wenn der Kathoden- strahl das Ende einer Zeile erreicht hat und zum Anfang der folgenden wechselt, wird dieser Vorgang als Zeilensprung bezeichnet. Bei der Installation durchläuft ein simulierter Kathodenstrahl das Bild und vollzieht den Zeilensprung nach. Das Verfahren wurde um den Faktor sechs vergröbert, um eine klare Darstellung zu gewähren.
Auf diese Weise baut sich alle 48 Sekunden ein neues Bild auf, das sich mit den vorausgegangenen Bildern vermischt und sie überlagert.
Die Arbeit bezieht sich direkt auf die Rolle, die Medien in unserer Wahrnehmung und Gesellschaft spielen. In der Verlangsamung des technischen Aufbaus des Fernsehbildes untersucht die Künstlerin die Konstruktion des Sehens und Erinnerns. Der Zuschauer sieht nie nur ein Bild, sondern immer Überlagerungen alter und neuer Teile.
Daraus bildet sich erst in der Synthese eine Wahrnehmung des Ganzen. Im Bezug auf das Fernsehen mit seinem Anspruch auf authentische und wahrheitsgetreue Abbildung der Welt entwickelt das Konzept seine besondere Relevanz.
Text: Valie Djordjevic